Der Trainer als Erfolgsfaktor
Mittlerweile blicke ich auf eine ziemlich lange Laufbahn als Trainer zurück – bereits 30 Jahre sind vergangen. Es ist unglaublich, wie schnell die Zeit vergeht. In diesen drei Jahrzehnten hatte ich das große Glück, mit zahlreichen großartigen Athletinnen und Athleten zusammenarbeiten zu dürfen und viele Erfolge zu feiern. Doch wie es im Leben oft ist, gab es auch Schattenseiten. In dieser Zeit musste ich auch viele schwierige Momente durchstehen, Phasen, in denen die Ergebnisse nicht immer so erfolgreich waren. Dennoch waren diese Momente ebenso wertvoll, da ich daraus eine Vielzahl an Erfahrungen sammeln konnte.
In den ersten Jahren meiner Trainerkarriere wurde mir das große Privileg zuteil, mit zwei außerordentlich erfolgreichen und erfahrenen Cheftrainern zusammenarbeiten zu dürfen: Karl Frehsner und Wolfgang Maier. Von beiden konnte ich enorm viel lernen, und es war für mich eine doppelt wertvolle Erfahrung, von den Besten zu lernen. Sie halfen mir, meinen eigenen Weg zu finden und prägten meine spätere Tätigkeit als Cheftrainer entscheidend.
Diese Zusammenarbeit zeigte mir auch, wie viele verschiedene Rollen ein Trainer ausfüllen muss. Neben der fachlichen Expertise sind weitere Fähigkeiten entscheidend: Ein Team zu führen, klar zu kommunizieren, eine ganzheitliche Entwicklung zu fördern. Es geht nicht nur darum, Athleten zu trainieren, sondern auch mentale Stärke zu vermitteln, als Vorbild zu fungieren, und gleichzeitig flexibel und anpassungsfähig in der Planung zu bleiben. Hinzu kommt, dass man gemeinsam realistische Zielsetzungen bespricht, ein Vertrauensverhältnis aufbaut und es schafft, Athletinnen und Athleten individuell zu fördern, ohne dabei das Teamgefüge negativ zu beeinflussen.
All diese Aspekte versuchte ich stets so optimal wie möglich umzusetzen und dabei mit gutem Beispiel voranzugehen. Das, was ich von mir selbst erwarte, fordere ich auch von meinen Trainerkollegen ein. Gerade in meiner Funktion als Cheftrainer war es von höchster Priorität, ein erstklassiges Trainerteam für den gesamten Bereich, für den ich die Verantwortung trug, zusammenzustellen und kontinuierlich weiterzuentwickeln.
Es ging darum, die Trainerteams so aufzustellen, dass alle notwendigen Aspekte – sowohl die individuelle Entwicklung der Athleten als auch die Entwicklung des gesamten Teams – bestmöglich abgedeckt waren. Diese Aufgabe war nicht immer einfach, aber von größter Bedeutung. Denn nur im gemeinsamen Miteinander kann man es schaffen, hochgesteckte Ziele und Visionen erfolgreich in die Tat umzusetzen.
Ich habe versucht, die wesentlichen Punkte auf Basis meiner bisherigen Erfahrungen zusammenzufassen und würde darauf basierend folgendes empfehlen:
Fachliche Expertise und kontinuierliche Weiterbildung: Lege großen Wert auf fundiertes Fachwissen und Praxiserfahrung. Wenn dir die Erfahrung fehlt, suche Unterstützung bei erfahrenen Kollegen oder Mentoren. Entwickle Trainingspläne, die individuelle, körperliche, mentale und taktische Aspekte berücksichtigen. Priorisiere langfristige Entwicklung über kurzfristigen Erfolg.
Individuelle und ganzheitliche Förderung: Erkenne die Einzigartigkeit jedes Athleten und fördere nicht nur die sportliche Leistung, sondern auch die persönliche Entwicklung. Achte auf eine gesunde Balance zwischen Sport, Erholung und anderen Lebensbereichen.
Klares und konstruktives Feedback: Fördere eine offene, respektvolle Kommunikation. Gib klare Anweisungen und nutze ausgewogenes Lob und Kritik, um das Selbstvertrauen zu stärken und kontinuierliches Lernen zu ermöglichen.
Mentale Stärke und Resilienz fördern: Schaffe ein Umfeld, in dem mentale Stärke genauso wichtig ist wie körperliches Training. Arbeite gezielt an der Resilienz deiner Athleten und ziehe bei Bedarf die Expertise von Sportpsychologen hinzu.
Vorbildfunktion und ethische Prinzipien: Sei ein Vorbild in Fairness, Disziplin und Integrität. Fördere Sportsgeist und lehne unsportliches Verhalten wie Doping oder die Missachtung gesundheitlicher Grenzen strikt ab.
Vertrauensvolle Beziehungen aufbauen: Entwickle eine professionelle, unterstützende Beziehung zu deinen Athleten. Sei ein verlässlicher Mentor, der nicht nur sportliche, sondern auch persönliche Herausforderungen versteht und stets das Wohl deiner Athleten im Blick hat.
Anpassungsfähigkeit und Flexibilität: Reagiere flexibel auf unerwartete Situationen wie Verletzungen oder geänderte Wettkampfpläne. Passe deine Trainingsansätze an und achte darauf, gesundheitliche Warnsignale stets ernst zu nehmen.
Langfristige Planung und realistische Ziele: Setze realistische, schrittweise Ziele und vermeide einen übermäßigen Fokus auf kurzfristigen Erfolg. Entwickle nachhaltige Karrierepläne, um Überlastung und Verletzungen vorzubeugen.
Effektive Kommunikation intern und extern: Pflege klare und offene Kommunikation innerhalb des Teams. Präsentiere dich nach außen authentisch und professionell, um Vertrauen bei Fans, Medien und Sponsoren aufzubauen und ein positives Image zu fördern.
Bei den genannten Punkten beziehe ich mich vorwiegend auf Sportarten, in denen Trainer nicht durch Transfers zusätzliche Qualität einkaufen können, sondern auf den eigenen Nachwuchs angewiesen sind. Die Anforderungen an Trainer sind zwar generell ähnlich, jedoch gibt es in Teamsportarten wie Fußball, Eishockey und ähnlichen Sportarten einige wesentliche Unterschiede. In diesen Disziplinen ist die Vorbereitungszeit auf das Training oft kurz, was schnellen Erfolg erfordert. Hinzu kommt, dass bei ausbleibendem kurzfristigem Erfolg die Gefahr besteht, schnell ausgetauscht zu werden. Durch die Möglichkeit von Transfers ergibt sich häufig die Situation, dass es innerhalb kurzer Zeiträume zu zahlreichen Zu- und Abgängen kommt. Dies kann die Teamzusammensetzung erheblich beeinflussen und zu drastischen Veränderungen führen. Solche dynamischen Wechsel bieten zwar Chancen, wie die Integration neuer Talente und die strategische Verbesserung des Teams, stellen jedoch auch große Herausforderungen dar, insbesondere in Bezug auf Teamchemie, Eingespieltheit und die Anpassung an neue Spielweisen. In diesen Sportarten ist es daher besonders wichtig, in kurzer Zeit ein funktionierendes Team zu formen, klare Ziele und Visionen zu entwickeln und sicherzustellen, dass diese von allen Teammitgliedern gleichermaßen angestrebt und unterstützt werden. Die oberste Priorität besteht darin, innerhalb des Teams Werte und Regeln zu etablieren sowie Klarheit in Bezug auf Herangehensweisen und taktisches Verhalten zu schaffen. Der Erfolg des Teams steht dabei immer vor dem individuellen Erfolg. Dies gesagt, sollte jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass das Leistungsvermögen der gesamten Gruppe umso höher ist, je besser jeder Einzelne im Team funktioniert und agiert. Des Trainers eigene Überzeugung für den Prozess der Teamentwicklung zu vermitteln, ist entscheidend.
Dies wäre meine Idealvorstellung der Trainertätigkeit aus heutiger Sicht. Auch wenn ich mir bewusst bin, dass ich diese Standards in vielen Situationen nicht vollständig umsetzen konnte, bleibt es für mich das Ziel, an dem ich täglich arbeite. Ich strebe danach, mich kontinuierlich in diese Richtung zu verbessern und dieser Vorstellung Schritt für Schritt näherzukommen.